Wo Du das grad ansprichst, Walter...: Damit wird es ja auch immer begründet.
Doch ist das wirklich vergleichbar?
Klar schicken wir unsere Kinder unter Gleichaltrige - für ein paar Stunden.
Aber wir geben sie nicht völlig aus der Hand. Sie haben Ihre Eltern, sie haben Aufsichtspersonen, wechselnde Anverwandte, bei denen sie lernen "Tante X ist ganz schön streng, aber Tante Y lässt eher mal was durchgehen, Onkel K gibt mir nie was Süßes, Onkel W schon.." usw. Genauso lernen sie wechselnde Lehrer und andere Personen kennen, lernen sich in der Öffentlichkeit zu benehmen und zurecht zu finden usw.
Wenn man mal hochrechnet, ist die Zeit, die sie mit anderen Kindern verbringen, noch dazu wechselnden (in der Schule andere als im Sportverein usw..) doch auch begrenzt. Die Mehrheit der Bezugspersonen einen Säugetiers der Gruppe Homo Sapiens ist mehr oder minder erwachsen. Und anhand dieser Vorbilder lernt es fürs Leben und auch, sich in seiner Altersklasse zu behaupten (oder auch nicht).
Bei den Pferden, insbesondere den Junghengsten, ist es so, dass da mal eben soundsoviele zu einem Wallach gesteckt werden oder zweien - und was passiert dann? Nimmt der Wallach seinen "Erziehungsauftrag" ernstlich so ernst, wie "Opa" es täte - und behandelt er dabei alle gleich? In erster Linie wird er die allermeisten der Nervzwerge so lange zufrieden lassen, wie sie ihn zufrieden lassen und ihm aus dem Weg gehen. Ein paar wird er sich rauspicken zur Fellpflege.. Und abends setzen wir uns dann alle schön an einen Tisch, spielen nicht mit dem Essen, reden nicht mit vollem Mund und essen schön mit Messer und Gabel? Eher nicht.
Das System ist eher mit "Lord of the flies" vergleichbar, wo sich sehr schnell neue Sozialstrukturen herauskristallisierten, auch unter noch recht jungen Kindern. Eben eher so, als würden wir unsere Kinder mit 3 an der Pforte des Kindergartens abgeben und mit 15 wieder abholen und schauen, ob sie die ihnen zugeteilte Aufsichtsperson am Leben gelassen haben..
Und so gibt's eben unter den Hengsten auch welche, die sich zu rücksichtslosen brutalen Schlägern entwickeln, welche, die immer die Prügelknaben sind, welche, die ganz gut wegstecken und vieles dazwischen. Pferde sind supersoziale Tiere, drum geht's in der Mehrheit sicher sogar gut - dennoch haben auch diese zwangsläufig, da bin ich mir sicher, kleine Defizite, die sie dann ganz schnell kompensieren müssen, wenn sie in andere Gruppen kommen. Auch das geht meist gut, manchmal gibt es Probleme, manchmal geht es richtig schief.
Wie läuft es in der Natur bei Pferden? Da wird das Fohlen abgesetzt, wenn das nächste da ist, in knappen Wintern vielleicht auch früher. Da bleibt der Junghengst so lange bei seiner Familie, bis der Alte ihn wegscheucht, weil er "kriegsstark" wird. Nicht zwingend als Jährling, eher sogar als Zweijähriger, denn das hat die Natur schon ganz geschickt eingerichtet, dass wenn die Damen typischerweise rossig werden (und davon hat der Vater meist nicht mehr als einige wenige), der Jungmann allenfalls beginnt, erste Anflüge seiner Männlichkeit zu entdecken.
Und die Stuten haben ja auch noch "ein Wörtchen mitzureden".
Der Junghengst wächst also in einer relativ kleinen Gruppe auf, vielleicht hat er einen gleichgeschlechtlichen Spielpartner, vielleicht auch nicht. Vielleicht überlebt er, vielleicht auch nicht. Irgendwann wird er ausgegrenzt und muss klar kommen.. Entweder als Einzelgänger oder in einer kleinen Gruppe mit anderen Hengsten, falls die Chemie stimmt.
Wie ist es im Leben beim Menschen? Der hat nun gewisse wirtschaftliche Interessen. Pferde sind, solange sie klein sind, vergleichsweise nutzlos. Überleben sollen sie aber bitte auch.
Der Züchter (klassisch und traditionell) arbeitete lange Zeit so, dass die Stuten eben im Sommer auf der Weide waren mit ihren Fohlen - zum Herbst aber wurde es eng im Stall - also ab zum Aufzüchter oder "in die große Halle" - in der WB-Zucht ist der Aufzüchter immer noch ein Wirtschaftszweig. Der Aufzüchter selbst muss dann sehen, dass er die Jungmänner so los wird, dass der neue Jahrgang Platz hat, also 2 Jahre später, übern Winter in die Ausbildung, 3 jährig Körung, HLP und hoffentlich ein gutes Auktionsergebnis. Die Maschinerie Pferd läuft rund, wenn alle diese Räder ineinander greifen. Die großen Gestüte leisten sich ihre eigenen Aufzuchtherden, das funktioniert schon viele Jahrzehnte so - auf diese Art überlässt man den maximalen Gewinn, der in Einzelfällen zu erzielen ist, nicht Dritten.
Ich habe nicht gesagt, dass es falsch ist oder schlecht - ich bin mir aber sicher, dass es nicht jedem Individuum gerecht wird und so wie es gehandhabt wird, in der Natur nicht vorkommt. Und ich glaube fest (und die eigene Erfahrung zeigt es auch), dass man es nicht zwingend so machen muss, wie die Großen es tun, um es richtig zu machen, sondern es auch andere Wege gibt.